Franz Schellhorn von Agenda Austria war ebenfalls zu Gast in der Vorstandssitzung der IV-Wien. Sein Impuls stand
unter dem Titel: „Österreich: Europameister im Krankjammern – oder Weltmeister im Gesundbeten?“
Österreich sei traditionell eher ein unzufriedenes Land, wie Franz Schellhorn ausführte, „Jammern ist Volkssport“. Dabei übersehe man oft, dass Österreich gemessen am BIP pro Kopf nach wie vor eines der reichsten Länder der Welt sei. Die Lebensqualität sei top, zudem leiste sich Österreich eines der teuersten und großzügigsten Sozialsysteme der Welt, so Schellhorn. Allerdings verliere man, gemeinsam mit Deutschland, wirtschaftlich zunehmend den Anschluss. Dies könne man beispielsweise deutlich am jährlichen IMD-Ranking zur Wettbewerbsfähigkeit ablesen: Noch 2020 sei Österreich hier auf Rang 16 gelegen, mittlerweile belegen wir Rang 26. Er könne nicht verstehen, warum das in der Politik scheinbar niemanden tangiere, so Schellhorn: „Österreich gehört eigentlich in die Top Ten!“
Das Hauptproblem sei jedenfalls, so der Direktor von Agenda Austria, der Staat: In den vergangenen 50 Jahren sei es nur ein einziges Mal gelungen, einen Budgetüberschuss zu erzielen, und das auch eher zufällig. Mittlerweile sei es Standard, dass die öffentliche Hand um rund 20 Prozent mehr ausgebe, als sie einnehme. In Summe verfüge Österreich innerhalb der EU zwar über die zweithöchsten Staatseinnahmen – gleichzeitig aber über das vierthöchste Defizit. Mit Staatsausgaben von 56,4 Prozent des BIP liege Österreich in Europa an der dritten Stelle, sei aber beim Wachstum das absolute Schlusslicht.
Ein wichtiger Grund hierfür liege in der sinkenden Arbeitsleistung in Österreich; so gehen die geleisteten Arbeitsstunden je Erwerbstätigem seit Jahren zurück, die Produktivität sei mittlerweile „im freien Fall“. Aktuell liege man hier ungefähr auf demselben Niveau wie im Jahr 2010, so Schellhorn. Die hohe Inflation sei einerseits auf Steigerungen bei Dienstleistungen sowie Energie zurückzuführen; als Hauptverursacher verortete Schellhorn hier aber den Staat – die Ausgaben seien konstant viel zu hoch im Vergleich zu den Einnahmen – sowie die extremen Lohnsteigerungen in den vergangenen Jahren. Österreich preise sich dadurch sukzessive aus den Märkten.
Für einen Turnaround sei eine Reihe an Maßnahmen nötig, wie Schellhorn betonte: Man müsse den Staatshaushalt sanieren wie die Griechen, die Ausgaben bremsen wie die Schweizer, Förderungen radikal herunterfahren; die Arbeit besteuern wie die Polen (zweistufige Flat-Tax), die Löhne festlegen wie die Schweden (Lohnanpassungen orientieren sich an den Bedürfnissen der exportorientierten Industrie) – und eine betriebliche Vorsorge einführen wie Dänemark.


