“In Rufweite des Gesetzes bleiben“

Die HTL wurde und werde gerne „als das Rückgrat der Fachkräfteausbildung in Österreich bezeichnet. Heute wollen wir uns die Frage stellen: Stimmt das noch immer?“, so der Geschäftsführer der Industriellenvereinigung (IV) Wien, Johannes Höhrhan, in seiner Begrüßung. In zwei Impulsstatements gaben zu Beginn Stefanie Hagmann-Schramm, Direktorin des Technologischen Gewerbemuseums (TGM), sowie Thomas Angerer, Direktor HTL Wien West, Einblicke in die größten Herausforderungen in ihrem Alltag. Es befinde sich derzeit „vieles im Wandel“, so Hagmann-Schramm, die etwa auf die Bereiche Digitalisierung, KI, Robotik und Kreislaufwirtschaft verwies. Hier könnten die Lehrpläne gar nicht Schritt halten, man müsse sich ständig anpassen. Auch Angerer betonte die Notwendigkeit absoluter Anpassungsfähigkeit und Flexibilität: „Man muss dabei zumindest in Rufweite des Gesetzes bleiben!“ Dies gelte nicht nur für die Lehrpläne, er hätte auch gerne mehr Autonomie im Personalbereich, beispielsweise bestünde seit Corona Bedarf für einen zusätzlichen Schulpsychologen.

„Lanze für die Lehrer brechen“

Angesichts der herausfordernden Rahmenbedingungen wolle er jedenfalls „eine Lanze für die Lehrer brechen“, so der CEO der Atos Technologies GmbH, Johann Martin Schachner, denn wenn man an den HTL nur „strikt nach Lehrplan und Gesetz“ arbeiten würde, wäre man längst „am Ende“. Leider sei das Image der HTL zu Unrecht etwa verstaubt, so Schachner, denn sie habe einen wesentlichen Vorteil: Die HTL stärke die „Methodenkompetenz“ – was Absolventen auch wesentlich resilienter mache gegenüber technologischen Neuerungen, das sei schon in seiner Zeit als HTL-Schüler das größte Asset des österreichischen Spezifikums HTL gewesen. Daher bleibe die HTL „sicher ein unverzichtbarer Teil der Ausbildung in Österreich“, wie auch Karl-Heinz Strauss, CEO der PORR AG, betonte. Zu Recht beneide „die ganze Welt“ Österreich für seine Stärke in der berufspraktischen Ausbildung.

Einig waren sich alle Beteiligten, dass es gelingen müsse, mehr Frauen in technische Ausbildungen und Berufe zu bringen. Ansetzen müsse man dabei aber viel früher, mit 14 sei es zu spät. Beginnen müsse man bereits in Kindergärten und Volksschulen, denn in jungen Jahren sei die grundsätzliche Begeisterung bei Mädchen und Burschen gleichermaßen vorhanden. Die HTL sei dann vor allem für die Vermittlung der „Methodenkompetenz“ zuständig, oder wie es Strauss formulierte: Die HTL könne nicht auf alles spezialisieren, dafür sei der technologische Wandel auch zu schnell. HTL-Absolventen lernen allerdings, wie man Dinge erfolgreich anwendet. Um up to date zu bleiben, sei eine enge Verzahnung von Wirtschaft und HTL aber sicherlich entscheidend – sowohl für Lehrkräfte als auch Quereinsteiger, die aus Unternehmen an eine HTL gehen wollen. Dies sollte man erleichtern, die derzeitigen Anforderungen bezüglich der pädagogischen Ausbildung seien überzogen, so alle Diskutanten unisono.