Unternehmensstadt Wien soll zukunftsfit und lebenswert sein–auch für digitale Zwillinge

Für die Ernennung zum Präsidenten der IV-Wien und das entgegengebrachte Vertrauen bedanke ich mich sehr. Mit großer Freude und Motivation übernehme ich das Amt und auch mit großer Anerkennung für die Leistungen meines Vorgängers Wolfgang Hesoun, der die IV-Wien mit außerordentlichem Einsatz und großem Erfolg sieben Jahre geführt hat. Gemeinsam mit dem Präsidium wollen wir diesen Erfolgskurs mit neuen Akzenten fortsetzen und Wien auch in Zukunft unter den Top-Unternehmensstädten der Welt fest verankern.

Wien hat beste Voraussetzungen: zum wiederholten Male wurde unsere Stadt zur lebenswertesten der Welt gekürt. Wien ist weithin bekannt als Kulturmetropole, Touristenmagnet und sehr sichere Stadt. Seit Jahren steigen auch die internationalen Betriebsansiedlungen, 221 allein im letzten Jahr –mehr als im übrigen Österreich zusammen. Vieles wurde also sichtlich richtig gemacht. Zugleich fällt jedoch auf, dass Wien trotz des Leuchtturmprojektes „Smart City“ und bedeutender Fortschritte im Bereich „Life Sciences“ immer noch zu selten Standort für Technologie, Forschung und Start-Ups ist – vor allem im digitalen Bereich.

Dabei sollte Wien – so wie die erfolgreichsten Metropolen der Welt – zum Motor des Fortschritts werden. Denn die Zukunft ist urban: drei Viertel aller EU-Bürger leben schon in Städten und diese wachsen weiterhin überdurchschnittlich. Hier muss sich beweisen, dass Lebensqualität, Ökonomie und Ökologie kein Widerspruch sind, sondern sogar einander bedingen und zum wichtigen Wettbewerbsvorteil der Unternehmensstadt Wien gehören. Das harmonische Miteinander von Wohnen, Arbeiten und Freizeit soll daher weiter gestärkt werden, um gerade auch die besten Talente in Wachstumsbereichen wie beispielsweise Künstliche Intelligenz (KI), Data Analytics, Quantentechnologie oder Biogenetik anzuziehen. Nur so können wir die notwendige öko-digitale Transformation als Stadt und Unternehmensstandort bewältigen.

Dafür setzen wir weiterhin auf Bildung, Innovation und Infrastruktur als notwendige Rahmenbedingungen. Unser gemeinsames Standortabkommen mit der Stadt und die neue Wirtschafts- und Innovationsstrategie „Wien 2030“, die noch dieses Jahr im Gemeinderat beschlossen werden soll, bilden dafür eine wichtige Grundlage. Darüber hinaus wollen wir aber noch weitere Akzente setzen, um die Unternehmens-, Industrie- und Technologiestadt Wien fit für die Zukunft zu machen.

Im Bereich Bildung müssen einerseits die digitalen Basiskompetenzen früh gestärkt werden, aber auch Kreativität und Teamfähigkeit. Die Stärkung von MINT-Fächern – vor allem auch bei Frauen – ist essentiell: nur 15% der Studienanfänger gehen heute in technische Studienrichtungen und weniger als 5% in Informationstechnologie, nur ein Viertel aller Studierenden an technischen Universitäten ist weiblich. Dadurch entgeht der Industrie ein enormes Wertschöpfungspotential, das gehoben werden muss, um im internationalen Wettbewerb nachhaltig bestehen zu können.

Nur mit diesen Kompetenzen können wir die „digitalen Zwillinge“ in unseren traditionellen Industriebereichen entwickeln und die für „Industrie 4.0“ typische Verschränkung von analogen und digitalen Angeboten vorantreiben. Nicht das Produkt selbst, sondern dessen Nutzen, Service und Umweltverträglichkeit stehen für den neuen Kunden im Vordergrund. Der ressourcenschonende und respektvolle Umgang mit der Natur wird zum integralen Bestandteil jedes Entwicklungsprozesses und zum wichtigen Differenzierungsfaktor im Wettbewerb.

Nur wenn wir es schaffen, dass Industrie und Technologie in Zukunft nicht mehr als Teil des Problems, sondern als essentieller Teil der Lösung begriffen werden – und zwar auch bei ökologischen, sozialen und gesellschaftlichen Fragen – ist die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft gesichert. Und nur eine gesunde Wirtschaft sichert wiederum unsere sozialen Errungenschaften ab.

Gerade jetzt brauchen wir mutige Unternehmer, innovative Forschung und umsetzungsstarke Teams, die mit dem immer schneller laufenden, oft disruptiven technologischen Wandel konstruktiv umgehen können. Wir brauchen dafür aber auch die richtigen regulatorischen und politischen Bedingungen. Diese können nur durch Kollaboration statt Konfrontation gestaltet werden, durch Unternehmer und CEOs, die sich diesem Diskurs mit der Politik und der Zivilgesellschaft mit viel Überzeugungskraft und -arbeit stellen.

Genau das sehe ich als meine Aufgabe an und ich freue mich, gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen im Präsidium und Ihnen allen, jede Gelegenheit zu nutzen, um der Wiener Industrie eine starke Stimme zu geben.

Ihr
Christian C. Pochtler
Präsident der IV-Wien