In Österreich gibt es Bedarf an mehr Wirtschafts- und Finanzbildung: Darüber herrscht bildungspolitisch breiter Konsens. Durch die derzeit laufende Modernisierung der Lehrpläne, insbesondere im Gegenstand Geographie und Wirtschaftsbildung, bietet sich dazu ein ideales Zeitfenster.
„Diese Chance dürfen wir jetzt nicht verpassen. Es ist grundsätzlich der richtige Schritt, die Lehrpläne in Richtung Kompetenzorientierung zu modernisieren. Wünschenswert ist aber, den vorliegenden Lehrplanentwurf noch stärker nach wirtschaftspädagogischen Gesichtspunkten zu überarbeiten“, stellt Mariana Kühnel, stv. Generalsekretärin der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), fest. „Die Ausgestaltung und Verankerung von übergreifenden Themen, insbesondere von Entrepreneurship Education und Wirtschafts-, Finanz- und Verbraucherbildung, sind wichtige Elemente einer zeitgemäßen Unterrichtsgestaltung“, ergänzt Claudia Mischensky, stv. Generalsekretärin der Industriellenvereinigung.
So zeige etwa die YEP-Studie von Februar 2022 auf, dass sich viele Jugendliche derzeit durch die Schule noch zu wenig auf die Herausforderungen des Lebens vorbereitet fühlen. Unternehmerisches Denken und Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge stehen für sie dabei ganz oben auf der Liste.
Allerdings wird aus Sicht von IV und WKÖ mit den aktuellen Lehrplanentwürfen das Ziel einer umfassenden Modernisierung, und damit einer besseren Lebensvorbereitung für die Jugend, noch nicht erreicht. „Leider sind in den vorliegenden Entwürfen keine tiefergreifenden Veränderungen des Systems vorgesehen. So hätte sich ein Aufbrechen des starren Fächerkanons angeboten“, sagt Kühnel, die ergänzt: „Der Entwurf bleibt auch beim übergreifenden Thema Entrepreneurship Education in der Vermittlung von Inhalten zum Unternehmertum hinter den Erwartungen zurück.“
„Wir brauchen objektive, faktenbasierte Unterrichtsinhalte, die junge Österreicherinnen und Österreicher in die Lage versetzen, die wirtschaftlichen Akteure zu verstehen und sich selbst in unterschiedlichen Rollen einzubringen – sei es als Arbeiterin oder Arbeiter, Unternehmerin oderUnternehmer, steuerzahlende Bürgerin oder Bürger oder als Konsumentin oder Konsument“, ergänzt Mischensky.
Darüber hinaus müssten aus Sicht der Wirtschaft in die Lehrpläne noch mehr Themen wie globale wirtschaftliche Beziehungen, Arbeitsteilung oder Spezialisierung einfließen, die die Vielfältigkeit der Arbeitswelt zeigen. „Bildungs- und Berufsorientierung ist auch in den übergreifenden Themen und im Gegenstand Geographie und wirtschaftliche Bildung unerlässlich, wenn es darum geht, junge Menschen auf ein erfülltes und erfolgreiches Berufsleben vorzubereiten. Die Jugendlichen sollen mit dem Angebot und den Anforderungen am Arbeitsmarkt vertraut werden, über zukünftige Berufsbilder reflektieren und weitere Bildungsentscheidungen basierend auf persönlichen Stärken, Interessen und Talenten treffen können“, so Mischensky.
IV und Wirtschaftskammer verweisen dazu auch auf den derzeit laufenden Piloten der Stiftung für Wirtschaftsbildung, in dem unterschiedliche Vermittlungsmethoden von Wirtschaftsbildung in 30 Pilotschulen erprobt und wissenschaftlich evaluiert werden.