Die unsichtbare Bremse: Produktivitätsgewinne liegen heute in der Wissensarbeit

von Isabella Mader, Vorstand Excellence Research, Wien.  

Einer der Erfolge des 20. Jahrhunderts war die Steigerung in der Produktivität physischer Arbeit, sie wurde mindestens verfünfzigfacht“, schrieb Peter Drucker in „Management Challenges of the 21st Century“. „Der wichtigste Beitrag von Management im 21. Jahrhundert wird sein, die Produktivität von Wissensarbeit zu erhöhen“, so Drucker weiter – doch wo stehen wir da heute? Alle gestresst, niemand hat mehr Zeit, alle überlastet; Flüchtigkeitsfehler steigen.

Im Extremfall verstreichen deutlich über 50 Prozent der bezahlten Arbeitszeit ohne Not völlig unproduktiv. 50 Prozent! Wir vergeuden drei Stunden täglich mit der Rückkonzentration nach Unterbrechungen, wir suchen eine bis drei Stunden täglich, unverändert in den letzten 25 Jahren, und gehen in Massenbearbeitung unter: Die pro Person zu bearbeitenden Informationen haben sich seit den 1970er-Jahren verachtzigfacht. Gleichzeitig ist Reaktionsschnelligkeit eine zentrale Schlüsselvariable des Erfolgs. Und ja, Innovation entsteht nicht in zehn Minuten zwischen zwei Meetings.

Was also tun? Um die Mengen anstehender Aufgaben bewältigen zu können, beispielsweise aus reichlich neuen Reportingverpflichtungen, suchen wir händeringend auf einem leer gefischten Arbeitsmarkt zusätzliche Mitarbeiter. Bei galoppierender Zunahme der Aufgaben kann die Lösung allerdings nicht lauten, nächstes Jahr doppelt so viele Beschäftigte zu haben – oder einfach schneller zu arbeiten. Die Neubewertung des menschlichen Beitrags ist jetzt tatsächlich auf dem Tisch. Um die anstehenden Aufgaben zu bewältigen, können wir menschliche intellektuelle Leistung nicht mehr in Massenbearbeitung verschleißen.

Die Lösung wird voraussichtlich nicht aus Einzelmaßnahmen kommen. Sie wird nicht allein im Rollout künstlicher Intelligenz liegen, und wohl auch nicht ausschließlich in einer Veränderung des Managements. Es geht vor allem darum, eine geeignete Kombination und Passung von Maßnahmen zu finden, die strategisch die Herausforderungen des eigenen Unternehmens adressieren. In einer Zeit jenseits von Standardrezepten schreiben wir alle gemeinsam Managementgeschichte an der Schwelle zum KI-Zeitalter neu; und das im gestreckten Galopp. In Zeiten dynamischer Entwicklung ist Austausch eine wertvolle Inspiration für Entscheider.

Eine Gelegenheit dazu bietet sich beim diesjährigen 16. Global Peter Drucker Forum, das am 14. und 15. November in der Wiener Hofburg über die Bühne gehen wird. Internationale Topmanager aus verschiedensten Branchen, Praktiker und Vordenker tauschen sich dabei zu „Best und Next Practices“ aus, um voneinander zu lernen. Dabei sein werden unter anderem Amy Edmondson, die von „Thinkers 50“ als Nummer eins gereihte Managementdenkerin, sowie die leitende „Financial Times“-Redakteurin (und seit Kurzem auch Provost des King’s College Cambridge) Gillian Tett, der Aufsichtsrats-Chef von Bosch, Stefan Asenkerschbaumer, die Generaldirektorin von Infineon Österreich, Sabine Herlitschka, der vormalige CEO von Carl Zeiss und nunmehrige Präsident des KIT (Karlsruher Institut für Technologie) sowie des Stifterverbands der deutschen Wissenschaft, Michael Kaschke, sowie Peter Kirchschläger, Ethiker des digitalen Zeitalters, und viele andere mehr. Die Frage der „Next Knowledge Work“ soll aus vielen verschiedenen Perspektiven praxisorientiert beleuchtet und in einigen „Debates“ kontroversiell diskutiert werden.

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