WIRTSCHAFTSMOTOR STAAT? BITTE NICHT!

Der Staat wird gerne als entscheidender Faktor in Krisenzeiten angeführt, als großer Stabilisator, der Härten ausgleicht. Daran mag im Normalfall etwas dran sein – in Österreich ist die öffentliche Hand aber zur größten wirtschaftlichen Belastung geworden.

3.6.2025

Österreich verfügt (man könnte fast sagen: aus „guter alter Tradition“) nun wirklich nicht über einen „schlanken Staat“. Fordert man einen solchen, wird einem hierzulande gerne mit der „Neoliberalismus“- Keule gedroht; ganz schrecklich, asozial direkt. Mittlerweile hat übrigens die öffentliche Hand die Industrie überholt und ist zum Wirtschaftsfaktor Nummer eins  (!) in Österreich geworden. Gerade in den Jahren seit 2019 ist kein Sektor in Österreich so stark gewachsen.

In der gleichen Zeit haben wir es geschafft, den einstmals wichtigsten Wirtschaftsturbo dieses Landes, die Industrie, konsequent herunterzuwirtschaften. Und auch hier war es wieder der Staat, der die falschen Akzente gesetzt hat – und ich meine jetzt noch nicht einmal die weniger gelungenen Maßnahmen zur Bekämpfung der Energiekrise bzw. der Inflation. Es war die öffentliche Hand, die in einem Jahr galoppierender Teuerung, als jeder vernünftige Ökonom vor einer Lohn-Preis-Spirale warnte, mit extrem hohen Abschlüssen bei Beamten und Pensionisten „vorgelegt“ hatte. Das machte es für alle Verhandler in der Privatwirtschaft in den damaligen KV-Runden doppelt schwierig.

Wir alle wissen, was die Folgen der viel zu hohen Lohnabschlüsse in Österreich waren: Wir haben uns aus den Märkten gepreist, sowohl international als auch in Europa selbst. Man hätte es damals auch anders angehen können – immerhin war die Politik reichlich spendabel und hat mit der Gießkanne munter Hilfen und Unterstützungen verteilt. Hätte man diese nicht in die Verhandlungen miteinrechnen müssen?

Im Nachhinein ist man immer gescheiter, aber schon damals wurde das von vielen Seiten vorgebracht, jedoch pauschal abgeschmettert. Und nun haben wir den Salat: Die Industrie ist im dritten Jahr der Rezession und das Einzige, das boomt, ist der öffentliche Sektor – der unproduktivste überhaupt. Denn die Wirtschaftsleistung des Staats ist im Wesentlichen ja nichts anderes als die Löhne und Gehälter für die Beschäftigten. Der Staat ist de facto der größte Verbraucher des Steuergelds, das er – immer noch in einem viel zu großen Ausmaß – uns allen abnimmt.

Überhaupt ist es vor allem die Verschwendungssucht des Staats, die uns in die derzeitige Lage gebracht hat. Hätten wir heute die Sozialquote von 2019, würden die Sozialausgaben pro Jahr um rund 18 Milliarden Euro geringer ausfallen. Mit fast 32 Prozent des BIP sind wir bei den Sozialausgaben übrigens der Spitzenreiter in ganz Europa. Zum Vergleich: Dänemark und Schweden – und beiden würde wohl niemand „Neoliberalismus“ zum Vorwurf machen – liegen bei 27 bzw. 28 Prozent.

Im Jahr 2024 hatten wir, trotz der höchsten Steuereinnahmen aller Zeiten, ein Budgetdefizit von über 20 Prozent. Versuchen Sie einmal als Unternehmen, ein Fünftel mehr auszugeben, als Sie verdienen! Und ich spreche bewusst von reinen Ausgaben, denn die Investitionsquote des Staats ist seit Jahren rückläufig. Keiner kann mir weismachen, dass es bei diesen Zahlen nicht möglich ist, Kosten zu sparen. Im Gegenteil, ein achtsamerer Umgang mit dem Steuergeld wäre hierzulande sicher möglich, auch ohne wirklich essenzielle Bereiche zu beschneiden.

Also wieder einmal die Forderung nach dem „schlanken Staat“ – man weiß, was einem in Österreich da blüht. Aber am Ende des Tages haben wir nun einen Punkt erreicht, wo es anders einfach nicht mehr gehen wird. Ich denke, dass sich diese Erkenntnis auch in der Politik durchsetzen muss, durchsetzen wird. Tatsächlich hat die neue Bundesregierung erste Maßnahmen beschlossen, die in früheren Jahren beinahe unerhört gewesen wären: Einsparungen bei Sozialausgaben (v. a. Aussetzung von Valorisierungen), sogar bei den Pensionen soll es Änderungen geben! Gott steh uns bei! Auch wenn man natürlich kritisieren könnte, dass das alles noch zu wenig ist: Es ist ein Anfang – und eine Grundlage, auf der sich aufbauen lässt.

Irgendwann werden wir aber ansprechen müssen, was wohl jeder bereits annimmt: Der Spar- und Sanierungskurs wird allen wehtun müssen, wenn wir erfolgreich sein und auch den Wirtschaftsmotor Industrie wieder in Gang bekommen wollen. Ist ein Ende mit Schrecken nicht besser als Schrecken ohne Ende? Wie wäre es mit drei Jahren Nulllohnrunden bei Pensionisten, Beamten und in der Privatwirtschaft? Klarerweise mit einem sozialen Ausgleich für wirklich Bedürftige.

Gefragt sind wir aber alle, nicht nur die Politik. Es muss sich einfach die Einsicht in breiten Bevölkerungsschichten durchsetzen, dass wir nicht auf immer und ewig wohlstandssaturiert auf eine „Rundumversorgung“ durch den Staat vertrauen können. Wir müssen vielmehr wieder durch Leistung und Eigenverantwortung Wachstum und Wohlstand für alle schaffen. Gemeinsam können wir einen echten Wandel hinbekommen und drei Jahre einen harten Sanierungskurs durchtauchen – das soziale Netz in Österreich ist gut genug. Drei Jahre, berechenbar, und eben mit absehbarem Ende. Und vor allem mit der Aussicht, dass es dann endlich wieder für alle aufwärtsgehen kann!


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Mag. Christian C. Pochtler, Präsident der IV-Wien