„Es braucht wirtschaftspolitische Impulse“

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Mag. Martin Amor

Mediensprecher und Experte, Industriellenvereinigung Wien

Mag. Martin Amor

Mediensprecher und Experte, Industriellenvereinigung Wien

Im Zuge der Vorstandssitzung wurde mit Minister Wolfgang Hattmannsdorfer und Ökonom Gabriel Felbermayr vor allem die prekäre konjunkturelle Lage in Österreich diskutiert. Passend, dass am selben Tag die neueste Konjunkturprognoseder EU-Kommission veröffentlicht wurde: Auch 2025 wird Österreich schrumpfen – als einziges Land der EU.

3.6.2025

Die Politik habe nun „einige Jahre Zeit, ungestört und ohne Wahlen zu arbeiten“, so IV-Wien-Präsident Christian C. Pochtler; die Erwartungen seien hoch. Denn „das Budget ist ja nicht der wirklich große Wurf, vor allem gibt es fast keine wirtschaftlichen Impulse für den Standort“, wie Pochtler in seiner Einleitung kritisierte. Es brauche jetzt vollen Fokus auf die Wettbewerbsfähigkeit der exportorientierten Industrie als Wirtschaftsmotor Österreichs. „Wir müssen Leistung wieder attraktiver machen“, so Pochtler. Die größten Fehler seien in den vergangenen Jahren aber sicher in der Lohnpolitik passiert, so der Präsident: „Wir haben uns aus vielen Märkten gepreist, sogar innerhalb Europas.“ Daher forderte Pochtler Bundesminister Hattmannsdorfer dazu auf, sich für eine gewisse „Zurückhaltung bei den Anpassungen für Beamte und Pensionisten“ einzusetzen – „wir brauchen die richtigen Signale“.

Wichtig seien jetzt einmal langfristige Strategien, wie etwa auch beim Beispiel Energie: „In Deutschland wird die Strompreiskompensation (SAG, Anm.) jetzt schon bis 2030 gewährt, und man denkt bereits über 2030 hinaus. Das SAG muss auch in Österreich kommen, sonst haben wir einen klaren Wettbewerbsnachteil.“ Man hoffe, dass manche für den Standort so wichtigen Themen in der geplanten Industriestrategie enthalten sein werden. Außerdem gelte es jetzt, alle Chancen wahrzunehmen, die sich böten, etwa beim Thema Freihandel. Zudem sollte sich ganz Europa mit attraktiven Angeboten um Forschende aus den USA bemühen. In Wien wurde dazu die Initiative „Building Future in Vienna“ von Präsident Pochtler mitbegründet. Mit an Bord sind die wichtigsten Wiener Universitäten, der Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds (WWTF) und ausgewählte Persönlichkeiten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik. 

„Deindustrialisierung stoppen“ 

Bundesminister Hattmannsdorfer verteidigte zu Beginn seines Impulses das vorliegende Budget. Es seien wichtige Maßnahmen gelungen, beispielsweise auch ein Aus für „Förderungen im Gießkannenmodus“ wie den Klimabonus. Aber natürlich hätte auch er sich hier und dort „mehr“ gewünscht; aber man befinde sich eben in einer Koalition. Jetzt gelte es jedenfalls, die nächsten Schritte zu planen, denn „die Frage, wie wir die Wettbewerbsfähigkeit retten, wie wir die Deindustrialisierung stoppen können – das ist jetzt die zentrale Frage“, so der Minister. Wenn es darum geht, den Wirtschaftsstandort auf Vordermann zu bringen, seien aus seiner Sicht „drei KPIs entscheidend“, so Hattmannsdorfer: Erstens müsste die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden insgesamt erhöht werden. Zweitens müsse man die Forschungsquote, die von den Sparmaßnahmen auch nicht betroffen ist, weiter nach oben treiben. Drittens sei „noch kein Ausbruch aus einer Rezession ohne Exporte gelungen“ – weshalb das Thema Freihandel so entscheidend sei. Er sei daher etwa auch für die Umsetzung von „Mercosur“ sowie für die Vollendung des EU-Binnenmarkts. Im Energiebereich kündigte der Minister eine ganze Reihe von Gesetzesinitiativen an, vieles sei aber nur auf EU-Ebene lösbar. In Österreich brauche es jedenfalls eine Änderung des Mindsets. Hattmannsdorfer: „Wir müssen wieder Ja zur Industrie sagen!“ 

„Hausgemachte Krise“ 

Seit 2021 ist Gabriel Felbermayr Direktor des Österreichischen Instituts für Wirtschaftsforschung (WIFO). In seinem Impuls wies er zu Beginn darauf hin, dass Deutschland und Österreich aktuell unter vergleichbaren Herausforderungen leiden. Dabei müsse man bedenken, dass „der regulatorische Rahmen oder auch die Geldpolitik“ für alle Staaten der EU dieselben seien; „unsere Krise ist also ganz deutlich hausgemacht“, so Felbermayr. So sei in beiden Ländern das meiste zusätzliche Geld aus Förderungen und Beihilfen direkt in der Sparquote statt im Konsum gelandet. Der Verlust an Wohlstand zeige sich in den Zahlen jedenfalls bereits sehr deutlich, so Felbermayr: Betrachte man den Realwert des BIP pro Kopf, dann sei dieser bereits um fast fünf Prozent niedriger als noch 2019. Hauptgründe für die derzeitige Krise seien einmal die „Budgetnöte“ – die Haushalte wurden über Schulden gestützt. Zudem sei in Österreich die Lohnquote besonders stark angestiegen, was zum Verlust an Wettbewerbsfähigkeit geführt habe. Am Ende seines Vortrags hatte Felbermayr aber zumindest auch ein paar gute Nachrichten für die Mitglieder parat: Er hoffe, dass sich die Situation derzeit langsam verbessere – tatsächlich geht er sogar von einem Wachstum von 1,2 Prozent im kommenden Jahr aus.

Abschließend wurde Felbermayr nach seiner Einschätzung zum Bundesbudget gefragt. Seiner Meinung nach sei dieses sehr wohl ein Sparpaket, aber nicht ambitioniert genug. Kritisch zu sehen sei nämlich, dass es „kein krisensicheres Budget“ sei: Es gebe weiter keine budgetären Spielräume für den Fall einer weiteren Krise oder weiterer notwendiger Investitionen, so der Ökonom.