Durchwachsener Ausblick auf die Zukunft

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Mag. Martin Amor

Mediensprecher und Experte, Industriellenvereinigung Wien

Mag. Martin Amor

Mediensprecher und Experte, Industriellenvereinigung Wien

Durch steigende Kosten infolge demografischer Entwicklungen kommt in naher Zukunft Österreichs Budget – und damit die Nachhaltigkeit unserer Finanzen – massiv unter Druck. In der ersten Vorstandssitzung der IV-Wien im heurigen Jahr standen daher die Zukunftsperspektiven des Standorts Österreich im Zentrum der Debatte.

Präsident Christian C. Pochtler gab in seiner Begrüßung zu Beginn der Sitzung einen kurzen Ausblick über den standortpolitischen Status quo: So sei zwar „die große Winterkatastrophe, auch dank eines milden Winters, ausgeblieben“ – dennoch bleibe der Ausblick auf das heurige Jahr von viel Unsicherheit geprägt. In Europa sei trotz eines leichten Absinkens der Energiepreise der Kostendruck für Unternehmen nach wie vor überdurchschnittlich hoch. Daher sei das wirtschaftliche Bild, je nach Branche, sehr unterschiedlich. Zu den höheren Energiekosten sei hierzulande zudem auch der im internationalen Vergleich hohe Kostenfaktor Arbeit hinzuzuzählen, wie Pochtler erinnerte. Insgesamt stelle sich die Lage in Europa daher eher durchwachsen dar, während etwa in den USA der Ausblick relativ gut sei. Aufgrund der derzeitigen Wirtschaftsprognosen – die EU-Kommission rechnet heuer mit einem Wachstum von 0,5 Prozent in Österreich – werde man wohl „an der befürchteten Rezession vorbeischrammen“.


Dennoch, so der Präsident, stünden Österreich schwierige Zeiten bevor. Das Finanzministerium hatte Anfang des Jahres eine Prognose veröffentlicht, die „so wenig überraschend wie ungeschminkt“ zeige, welche Auswirkungen die demografische Verschiebung für die öffentlichen Budgetausgaben haben werde: „Wenn nicht reformiert wird, dann entwickelt sich die Staatsverschuldung bis 2060 in Richtung ‚italienischer Verhältnisse‘, mit einer Schuldenquote von 120 Prozent der Wirtschaftsleistung.“ Dies sei umso bedenklicher, als die „Nullzinspolitik endlich zu Grabe getragen wurde“. „Den weisen Spruch, man solle in guten Zeiten Vorsorge treffen für die schlechten, ha-ben wir leider meist vollkommen ignoriert“, so der Präsident.

„Haben zu junge Pensionisten“

In seinem Vortrag gab Helwig Aubauer, IV-Bereichsleiter für Arbeit, Soziales, Gesundheit, den Vorstandsmitgliedern im Anschluss einen Überblick über aktuelle Entwicklungen in der Arbeitsmarkt- sowie Pensionspolitik. Österreich habe mit einem deutlichen Arbeitskräftemangel zu kämpfen – weshalb er auch die aktuellen Rufe nach einer Arbeitszeitverkürzung „überhaupt nicht verstehen“ könne, so Aubauer. Vielmehr gelte es, alle Potenziale zu nutzen, um die Menschen zu mehr Arbeit zu motivieren. Darum gehe es etwa auch bei der Debatte um Teilzeitbeschäftigte: Dies sei keineswegs nur ein Thema für Frauen mit Betreuungspflichten. Leistung müsse sich wieder lohnen – zudem solle einmal offen darüber diskutiert werden, warum in Österreich im Gegensatz zu anderen Staaten Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung nicht zeitlich stärker begrenzt seien. Im Bereich der Pensionen sei das Hauptproblem recht simpel, so Aubauer: „Österreich hat nicht zu hohe Pensionen, sondern zu junge Pensionisten.“ Derzeit nähere sich das faktische Pensionsantrittsalter „von unten kommend“ langsam an jenes Niveau an, auf welchem wir bereits in den 70er-Jahren schon einmal waren. Gleichzeitig sei seitdem aber die Lebenserwartung massiv gestiegen. Eine echte Entlastung des Pensionssystems sei daher auch nur über eine spürbare Anhebung des faktischen Pensionsalters möglich.

Suchtfaktor Staatshilfe

Der Vize-Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank, Gottfried Haber, widmete seinen Vortrag den „Zukunfts-perspektiven des Standorts Österreich“. Er erinnerte eingangs daran, dass die wirtschaftlichen Turbulenzen bereits vor dem Ausbruch des Kriegs in der Ukraine, aber auch vor der Coronapandemie begonnen hatten: Bereits 2018/19 habe sich der Auf-schwung nach der Staatsschuldenkrise eingebremst; Brexit, Handelsstreit sowie die Krise in der deutschen Autoindustrie hat-ten bereits damals negative Auswirkungen. In dieser Situation sei dann auch noch die Pandemie hinzugekommen. Wegen Corona sei es dann durchaus sinnvoll gewesen, mit großzügiger staatlicher Unterstützung in das Wirtschaftsgeschehen einzugreifen. „Solche Maßnahmen sind im Notfall angemessen, müssen aber zeitlich begrenzt bleiben“, so Haber, der allerdings konstatierte, man habe sich leider seit damals zu sehr an staatliche Unterstützung gewöhnt. Das andauernde „Rufen nach dem Staat“ sei etwa gerade mit Blick auf die Inflationsbekämpfung eher kontraproduktiv gewesen, da viele Stützungsmaßnahmen die Inflation weiter angeheizt hätten. „Wir haben fiskalpolitisch einfach zu viel gemacht“, so Haber. Er bestätigte zudem, dass die Tendenz beim Staatshaushalt deutlich in Richtung einer höheren Verschuldung, eben vor allem aufgrund der Demografie, gehe. Ein Gegensteuern sei hier dringend notwendig, zumal steigende Zinsen auch hohe Staats-verschuldungen wieder verstärkt in den Fokus rücken würden.