Rahmenbedingungen verbessern!

Kontakt

Mag. Martin Amor

Mediensprecher und Experte, Industriellenvereinigung Wien

Mag. Martin Amor

Mediensprecher und Experte, Industriellenvereinigung Wien

Im Interview mit „iv-Positionen“ führt der Forscher und Unternehmer Jürgen Stampfl aus, vor welchen Herausforderungen Start-ups in Österreich stehen und was er sich von einer neuen Bundesregierung wünscht.

Sehr geehrter Herr Stampfl, Sie sind im Bereich der additiven Fertigung sowohl in der Forschung als auch in der Lehre tätig, waren aber auch bei einigen unternehmerischen Ausgründungen der Technischen Universität an vorderster Front dabei. Worin sehen Sie aktuell die größten Herausforderungen bei der Übersetzung von Forschungsergebnissen in die Entwicklung von konkreten Produkten und Lösungen am Standort Wien und Österreich?

Die größte Herausforderung für erfolgreiche Ausgründungen ist in meinen Augen der notwendige Wechsel des Mindsets, den die Gründer von Tech Startups meistern müssen: Weg von der akademischen Forschung hin zu einem erfolgreichen betriebswirtschaftlichen Denken mit einem professionellen strategischen und operativen Management. Gleichzeitig darf die „technologische Seele“ eines Tech-Startups nicht verloren gehen. Viele weitere Herausforderungen sind durch die Fortschritte, welche die österreichische StartupSzene in den letzten Jahren hingelegt hat, zumindest etwas leichter zu schultern: Die österreichischen Universitäten haben ein professionelles Patent und Lizenzmanagement etabliert; dadurch können Jungunternehmer das von ihnen an der Universität geschaffene geistige Eigentum schützen und haben so ein Asset in der Hand, das Gespräche mit Investoren und Kunden sehr erleichtert. Die öffentliche Hand bietet über Förderungen Möglichkeiten, mit einem kleinen Finanzpolster die ersten Schritte in die Selbstständigkeit machen zu können. Die neuen steuerlichen Modelle für Mitarbeiterbeteiligung sind ein hilfreiches Werkzeug, eine breitere Basis am Erfolg der Firma zu beteiligen. Eine wichtige Rolle spielen in meinen Augen die Startup-Ökosysteme, die sich an den Uni-Standorten gebildet haben. Das erleichtert den Zugang zu Risikokapital, aber auch zu Dienstleistungen (Anwaltskanzleien, Wirtschaftsprüfer etc.), auf die Spinoffs zurückgreifen müssen. Das Vorhandensein solcher lokaler Ökosysteme führt auch zu einem regen und motivierenden Austausch zwischen Gründern. Insgesamt kann man sicher sagen, dass sich in Österreich bezüglich universitärer Spin-offs viel in die richtige Richtung entwickelt hat und eine deutliche Professionalisierung der Szene erkennbar ist. Das Risiko des Scheiterns bleibt natürlich trotzdem bestehen, und ohne ein gesundes Maß an Wagemut wird man nicht weit kommen. 

Was sind aus Ihrer Sicht die größten Hürden in der laufenden Tätigkeit als Unternehmer, insbesondere wenn man – wie im Bereich der additiven Fertigung üblich – international tätig ist und im globalen Wettbewerb steht? 

Für wachstumsorientierte Unternehmen stellt sich ab einer gewissen Größe die Finanzierungsfrage für eine internationale Skalierung. Aufgrund der deutlich niedrigeren Bewertung, die europäischen Tech Unternehmen gegenüber der amerikanischen (und auch asiatischen) Konkurrenz zugestanden wird, stößt man vielfach an eine gläserne Decke, wenn die Finanzierung national oder europäisch erfolgen soll. In dieser Phase ist die unzureichende Finanzkraft der europäischen Finanzmärkte ein Problem. Neben den monetären Aspekten ist auch die mangelnde Verfügbarkeit von Spezialisten mit nachgewiesener Erfahrung im Bereich internationale Skalierung ein limitierender Faktor. 

Aus Ihrer Perspektive als Forscher und auch als Unternehmer: Welche Maßnahmen seitens der Politik bräuchte es, um die Rahmenbedingungen am Standort Wien und Österreich zu verbessern? Haben Sie Wünsche an die nächste Bundesregierung? 

Aus meiner Sicht sollte seitens der Regierung vor allem an verbesserten Rahmenbedingungen gearbeitet werden. Das betrifft einerseits die überbordenden regulatorischen und bürokratischen Anforderungen, denen nicht nur große, sondern auch kleine Unternehmen ausgesetzt sind. Solche hohen regulatorischen Anforderungen sind etwa dafür verantwortlich, dass viele universitäre Innovationen im Bereich der Medizintechnik nicht zur Marktreife gebracht werden können und schlussendlich aus den USA oder Asien importiert werden müssen. Und ganz wichtig: Eine starke HightechIndustrie und die damit verbundene hohe Wertschöpfung wird es nur geben, wenn die Absolventen der österreichischen Universitäten exzellent ausgebildet werden. An den damit verbundenen notwendigen Ressourcen darf keinesfalls gespart werden, wenn wir der jungen Generation einen guten Start ins berufliche Leben ermöglichen wollen.


Foto: CubiCure

Univ.-Prof. DI Dr. Jürgen Stampfl, TU Wien