MedUni und Industrie werden die Gesundheitsmetropole Wien beflügeln

Univ.-Prof. Markus Müller sprach mit den iv-positionen über die „Gesundheitsmetropole Wien“ und neue Zentren für Präzisionsmedizin, Translationale Medizin und Technologietransfer am Campus der MedUni Wien.

Die Stadt Wien hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 zu einer weltweit führenden „Gesundheitsmetropole“ zu werden, sowohl was die Gesundheitsversorgung als auch die Gesundheitsforschung und -wirtschaft betrifft. Wo stehen wir hier aktuell und was sind die notwendigen nächsten Schritte?

Wien ist, spätestens seit Julius Tandler, nicht nur eine weltbekannte Kulturmetropole, sondern auch eine international geachtete Sozial- und Gesundheitsmetropole. Das historisch wichtige Programm des Abbaus sozialer und damit auch gesundheitlicher Benachteiligung wurde an der Jahrhundertwende 1900 in Wien federführend mitentwickelt. Heute manifestiert
sich dieses Programm in Wien als einer der lebenswertesten Städte der Welt in einer hervorragenden medizinischen und sozialen
Infrastruktur, um die uns viele andere Nationen beneiden. Diese auch historische Bedeutung und Verantwortung kann und sollte besonders in Wien weitergetragen und weiterentwickelt werden. Eine Grundbedingung für Weiterentwicklung ist - analog zum Sozial-, Kultur- und Wissenschaftslabor „Wien um 1900“ und seinen herausragenden Persönlichkeiten – eine intensive Beschäftigung mit der aktuellen Front des Wissens, heute vor allem in den Bereichen der Molekularbiologie, der digitalen Medizin und der Sozialmedizin in all
ihren Dimensionen.

Am Campus der MedUni Wien wird bis 2026 ein neues Zentrum für Präzisionsmedizin errichtet. Worum geht es dabei?

Wir leben derzeit in einer faszinierenden Zeit der Wissenschaftsgeschichte. Begonnen hat alles mit der Erstsequenzierung des humanen Genoms. Präsentiert wurde dies im Jahr 2000 auf dem Rasen des Weißen Hauses in Washington. Das war der Startschuss dafür, dass wir rund 20 Jahre später von neuen Technologien wie der Präzisionsmedizin sprechen können. Die Idee der Präzisionsmedizin ist es, die molekulare Medizin mit modernen Technologiender Artificial Intelligence und der Informationstechnologie zu vereinen, um so einen Mehrwert für Patientinnen und Patienten zu schaffen. Der Fokus des neuen Zentrums, das aus Mitteln der „European Resilience and Recovery Facility“ errichtet wird, liegt insbesondere auf biomedizinischer Forschung, klinischen Studien, Genom-Technologie, Bioinformatik und IT. Die unmittelbare Nähe zum AKH bringt einen wesentlichen Vorteil für Patienten: Klinisch tätige Ärzte und Grundlagenforscher erarbeiten in enger Kooperation und räumlicher Nähe neueste Erkenntnisse, wodurch Patienten am aktuellsten Stand der Medizin ganz präzise behandelt werden können. Denn jeder Mensch verfügt über eine völlig individuelle, durch Genetik und
Umwelteinflüsse definierte Disposition für Erkrankungen – dementsprechend individuell muss künftig die Diagnose, aber auch
die Behandlung gestaltet werden. Wir haben dafür eine Reihe an Professuren für digitale Medizin und Präzisionsmedizin ausgeschrieben
sowie ein Masterstudium für molekulare Medizin begonnen.

Neben dem Zentrum für Präzisionsmedizin sollen an der MedUni auch noch zwei weitere Zentren entstehen, eines für Translationale Medizin und Therapien und eines für Technologietransfer. Was können Sie uns hierzu sagen und wie weit sind diese Projekte gediehen?

Das Zentrum für Translationale Medizin und Therapien wird, gemeinsam mit den beiden weiteren geplanten Zentren für Präzisionsmedizin
und für Technologietransfer, ein international führender Standort für medizinische Forschung und Entwicklung. Wir gestalten hier die digitale Medizin des 21. Jahrhunderts aktiv mit. Gleichzeitig hebt die moderne Infrastruktur die Ausbildung unserer Studierenden und jungen Ärztinnen und Ärzte auf ein noch höheres Niveau. Das Zentrum für Translationale Medizin und Therapien wird voraussichtlich 2025 in Betrieb gehen. Das Konzept dieses Zentrums lautet „vom Labor zum Krankenbett und zurück ins Labor“. Damit wird gewährleistet, dass neue Forschungserkenntnisse möglichst rasch in konkrete Therapien einfließen können. Im Zentrum für Technologietransfer können sich auch Unternehmen und Startups ansiedeln, die vom direkten Austausch mit der MedUni Wien profitieren werden. Somit schaffen wir hier eine wesentliche Win-win-Situation für die österreichische und Wiener Wirtschaft einerseits und die
medizinische Forschung andererseits.

Gibt es Möglichkeiten für Wirtschaft und Industrie, mit diesen neuen Einrichtungen zu kooperieren?

Die noch intensivere Zusammenarbeit von Universität, Wirtschaft und Industrie am Standort MedUni/AKH zur Bildung lokaler
Wertschöpfung und Schaffung hochinnovativer Arbeitsplätze ist unser großes Ziel und wird die „Gesundheitsmetropole Wien“
weiter beflügeln. 

Foto: MedUniWien

Univ.-Prof. Dr. Markus Müller
Rektor der Medizinischen Universität Wien