Klimaschutz mal rational

Der durch die Pandemie erstarkte Staat fühlt sich sichtlich wohl in seiner neuen Machtfülle und widmet sich mit dirigistischem Verve munter dem nächsten Thema. Doch während staatlicher Zwang in manchen Phasen der Seuchenbekämpfung alternativlos gewesen sein mag, wird er uns beim Kampf gegen den Klimawandel nicht weiterhelfen. 

Kaum flaut die Coronakrise ab, tritt die Klimapolitik wieder massiv ins Zentrum des politischen Geschehens und eine gnadenlose Salve an vermeintlichen Maßnahmen zur Bekämpfung des Treibhausgasausstoßes kommt auf uns zu. Die politisch Verantwortlichen wollen dabei scheinbar eher auf ideologisch motiviertes staatliches Mikromanagement setzen als auf positive Anreize und privaten Erfindergeist. Das Selbstvertrauen unserer Klimapolitiker in allen Ehren. Aber lässt sich in den ministerialen Glaskugeln wirklich erkennen, welcher technologische Pfad uns am ehesten zur angestrebten Klimaneutralität 2040 führt?

Das Klimaministerium hat jedenfalls schon einmal ein neues Klimaschutzgesetz in Vorbereitung, welches dieses Politikfeld zu einem guten Teil den demokratischen Entscheidungsprozessen entziehen soll. In Zukunft würden so unter anderem NGOs und Richter statt gewählter Politiker entscheiden, wie wir am besten unsere Emissionen reduzieren. Wenn die so definierten Zielsetzungen nicht erreicht werden, droht dann die Keule automatischer Steuererhöhungen. Und damit diese Regelungen auch sicher die aktuelle Regierungskonstellation überdauern, soll alles in Verfassungsrang gehievt werden, sodass eine einfache Koalitionsmehrheit in Zukunft nicht mehr für eine Gesetzesanpassung ausreicht.

So kann rationale Politik nicht funktionieren. Der Klimawandel ist eine der größten Herausforderungen unserer Zeit und er wird sich, komplex wie er ist, nur durch größtmögliche Agilität und Anpassungsfähigkeit lösen lassen. Dies gilt insbesondere, wenn wir unseren Lebensstandard weiter halten und nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch und sozial, nachhaltig agieren wollen.  

Hintergrund des geplanten Klimaschutzgesetzes dürfte eine festgezurrte Weltanschauung sein, aus der alles politische Handeln abgeleitet werden soll. Doch Ideologie war noch nie eine gute Richtschnur für das Management existenzieller Krisen. Die Unternehmen haben dies schon lange erkannt, da sie sonst im Wettbewerb nicht überleben würden. Die Politik hat hier jedoch noch erheblichen Aufholbedarf.

Wie würde ein Unternehmer das Problem des Klimawandels angehen? Zuerst gehört ein Ziel definiert. Das ist der Politik mit der Ambition „Klimaneutralität 2040“ durchaus gelungen –wenn auch die Erreichbarkeit dieses Ziels sehr fraglich ist. Im nächsten Schritt muss dann aber technologieoffen ermittelt werden, welche Wege mit welchen Milestones zur Verfügung stehen, um dem gewählten Ziel näherzukommen. Dabei darf es keine Denkverbote geben und die persönlichen Präferenzen müssen in den Hintergrund treten.

Dieser „ergebnisoffene Pragmatismus“ – holistisch und evidenzbasiert – scheint mir bei den aktuellen politischen Entscheidern nicht immer in allerhöchstem Maße ausgeprägt zu sein. Darum ist es umso wichtiger, auf die Kreativität und Lösungskompetenz der Wirtschaft und Industrie zurückzugreifen. Gerade die Industrie ist beim Klimathema nicht Teil des Problems, sondern ein essenzieller Teil der Lösung. Ohne uns, unsere Innovationen und unsere Umsetzungskompetenz wird sich bis 2040 keine Klimaneutralität bewerkstelligen lassen. Die Politik sollte daher nicht durch obrigkeitliches Verbotsdenken und ideologische Zementierungsversuche Nägel über den Pfad zur Klimaneutralität streuen, sondern Leitplanken entlang des Weges setzen und Anreize schaffen, damit wir alle schnell und unbeschadet an unser gemeinsames Ziel kommen.  

Ihr Christian C. Pochtler

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