Eines der beschwichtigend gemeinten Argumente der Vermögenssteuerbefürworter in der populistischen Debatte ist besonders verräterisch: Eine Steuer auf hohe Vermögen würde in Österreich ohnehin nur sehr wenige Menschen treffen, suggerieren Teile des politischen Spektrums. Das ist keine gute Nachricht, ganz im Gegenteil: Es ist das Ergebnis einer Politik, die es besonders schwer macht, sich aus der Kraft eigener Anstrengung und Arbeit etwas aufzubauen. Und es ist ein Alarmsignal für Unternehmen und deren Eigentümer – denn offensichtlich muss man dann bei ihnen „zugreifen“, um Einnahmen zu lukrieren.
Österreich hat schon heute ein wenig leistungsfreundliches Steuersystem, das in allen Lebenslagen Abgaben vorsieht und den Faktor Arbeit hoch belastet. Das hat naturgemäß auch Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts, für die die Lohnkosten ein wichtiger Faktor sind. In diesem Umfeld ist es herausfordernd, internationale Talente für Österreich zu gewinnen und so dem Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken.
Vor diesem Hintergrund ist natürlich jede Debatte um neue Steuern eine absurde Themenverfehlung. Österreich ist bereits jetzt unbestritten ein Hochsteuerland. Die Abgabenquote ist mit 43,5 Prozent die vierthöchste in der EU. Gleichzeitig gibt es bereits zahlreiche vermögensbezogene Steuern und Abgaben auf Kapital und Luxus, die mit rund 41,5 Milliarden Euro ein Fünftel des gesamten Steueraufkommens einbringen – darunter die Kapitalertragsteuer, die Gewinne aus Wertpapieren mit satten 27,5 Prozent belastet und bei der Abschaffung der Vermögensteuer 1993 als Ausgleich eingeführt wurde.
Unter dem Strich heißt das: Vermögen wird in Österreich bereits besteuert, und zwar dann, wenn es geschaffen wird, sozusagen direkt an der Quelle, und nicht zu knapp. Wenn wir da noch nachlegen, dann riskieren wir nicht nur, für neue, talentierte Arbeitskräfte aus dem Ausland unattraktiv zu sein, sondern dringend benötigte, hoch qualifizierte Fachkräfte zu verlieren, die bereits hier sind. Auch Ausweichbewegungen des Kapitals sind bei der Einführung solcher Steuern hinreichend mit internationalen Beispielen belegt. Dass das eine bittere Pille für den Standort wäre, weil Kapital dann anderenorts investiert wird, liegt auf der Hand. Im europäischen Vergleich ist die Vermögenssteuer kein Zukunftskonzept, sondern ein Auslaufmodell: Österreich hat sie 1994 eingemottet, Deutschland 1997, die Niederlande 2001, Finnland und Luxemburg 2008 und Schweden 2009. Retro-Steuerpolitik liefert keinerlei brauchbare Antwort auf die vielfältigen Herausforderungen, vor denen wir als Gesellschaft und Wirtschaft stehen.
PS: Wer übrigens glaubt, dass jene, die für die Vermögens- und Ablebenssteuer Sturm laufen, diese Einnahmen dann für die Senkung der Steuern auf Arbeit verwenden würden, dem kann und muss dieser naive Glaube genommen werden – denn die Vermögenssteuerapologeten sind genau jene, die in den vergangenen Jahrzehnten eindrucksvoll bewiesen haben, dass Zusatzeinnahmen sofort wieder ausgegeben werden, ohne Steuern in anderen Bereichen zu senken.