Fit für die nächste Krise?

Ein Plädoyer für ein „neues Normal“                                                                                                                     

Es ist leider der von vielen prognostizierte Marathon geworden: Die Corona-Pandemie hat sich zu einer überaus wandelbaren, raffinierten Hydra entwickelt. Und wer hier nicht gut gerüstet ist, bekommt die Krise in immer neuen Facetten und mit voller Wucht zu spüren. Aber ist die aktuelle Situation nicht vielleicht auch ein möglicher Probelauf für die nächste Krise? Denn die viel wichtigere Frage ist eigentlich: Was können wir daraus lernen?

Wenn man dem Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx und seinen postulierten „vier Corona-Phasen“ ein wenig Glauben schenken darf, dann befinden wir uns gerade zwischen der dritten und vierten: Nach der „Anfangseuphorie: Ready to fight!“ sowie der „Gewöhnungsphase/Routinen setzen sich durch“ durchleben wir gefühlt gerade die dritte Phase „Erschöpfung und Bezichtigung: Die Nerven gehen verloren“ bevor wir dann in Phase vier „Heimkehr und Hoffnung: Entstehen des neuen Normal“ übergleiten. Der Gedanke an eine neue Normalität ist ein überaus interessanter. Denn gerade jetzt tun sich unzählige Gräben auf und es zeigen sich enorme strukturelle Herausforderungen im Zusammenspiel der beteiligten Akteure. Für ein besseres Zusammenwirken der Kräfte im „neuen Normal“ sollten schon jetzt – also während der aktuellen Krise – die wesentlichen Weichenstellungen vorgenommen werden.

Was aber passiert derzeit? Der weit verbreitete Ansatz, Krisen oder globale Herausforderungen unserer vernetzten Welt einfach „wegzuverwalten“, wird nach wie vor zelebriert. Doch es bedarf eines konzertierten Zusammenspiels von Staat und privatwirtschaftlichem Know-how, um das Umsetzungsmanagement entscheidend zu verbessern. Zudem müssen marktwirtschaftliche Tugenden an den Tag gelegt werden: mehr Technologieoffenheit und Flexibilität – inklusive neuer Fehlerkultur und weniger Risikoaversion. Zusätzlich ist hier auch das Demokratie- und Staatsverständnis gefragt und was jeder Einzelne für den Staat sowie das Gemeinwohl machen kann.

Ein Beispiel dafür: Testen und Impfen wäre nach wie vor das Rezept der Stunde. Ausreichend Testmöglichkeiten gibt es hierzulande bereits – auch in heimischen Unternehmen. Aber wesentlich wichtiger ist: Es muss so schnell wie möglich Licht am Ende des „Impftunnels“ geben und die Verantwortlichen müssen ihre Impfstrategie grundlegend adaptieren und vor allem beschleunigen. Denn erst eine ausreichende COVID-19-Herdenimmunität wird den Konjunkturmotor wieder zum Laufen bringen.

Und was lernen wir nun aus der aktuellen Situation? Das zuvor skizzierte „neue Normal“ sollte das bloße „Wegverwalten“ großer, komplexer Herausforderungen ersetzen. Das erfordert aber schnellstmöglich einen Reset – orchestriert zwischen Politik, Verwaltung, Unternehmen und Bürgern. Diese komplexen Zukunftsthemen brauchen definitiv auch den Einsatz von Spezialisten mit Managementerfahrung. Und wenn das Erreichen gemeinsam vereinbarter Ziele zudem mit marktwirtschaftlichen Aspekten wie Leistungsanreizen oder Gewinnorientierung erweitert wird, umso besser!

Die nächste Krise steht jedenfalls nicht mehr nur vor der Tür, sie hat schon ordentlich an Fahrt aufgenommen: Diese noch größere Herausforderung – die Klimakrise, samt Dekarbonisierung zahlreicher Wirtschafts- und Lebensbereiche – sollten wir tunlichst in einem neuen und produktiveren Setup angehen, als wir es jetzt mit Corona & Co machen.

Ihr Christian C. Pochtler

 

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