Corona-Turnaround? Wir schaffen es: mit Anreizen statt Verboten

Wenn die COVID19-Krise in die nächste Runde geht, dann wird guter Rat wieder teuer – besser gesagt der fiskalpolitische Support. Wie lange kann und will sich das Land die aktuelle Strategie von Lockdown, Lockdown-Lockerungen und Rücknahme der Lockdown-Lockerungen – vulgo neuer Lockdown – eigentlich noch leisten? Es bedarf jetzt einer fundamentalen Strategieanpassung, um diese permanente Abwärtsspirale zu stoppen – vor allem auch psychologisch.

Die derzeitige Kommunikationsstrategie sowie die Maßnahmen der politischen Entscheidungsträger zeichnen jedenfalls ein verschwommenes, äußerst passives Bild, wie Österreich und auch das restliche Europa „irgendwann“ in eine gewisse Normalität zurückkehren sollen – persönliche Freiheiten inklusive. Der britische Ökonom, Politiker und Mathematiker John Maynard Keynes hätte posthum in der aktuellen Situation seine helle Freude daran gehabt, wie vielerorts sein „Deficit spending“ zum Einsatz kommt. Davon abgesehen bewegen wir uns aber von einem „Überwachen-und-Strafen-Szenario“ zum nächsten, in der Hoffnung, hier irgendwie medizinisch und auch ökonomisch durchtauchen zu können. Kurzfristig mag das gelingen – in der jetzigen Marathonsituation hinterlässt das jedoch nur verbrannte Erde, auf der für die nächsten Monate kein Motivations-Nährboden entstehen kann. Doch genau so einen benötigen wir jetzt mehr denn je – mit positiven Anreizen, wie wir sie vor allem aus der Marktwirtschaft kennen. Die geeigneten wissenschaftlichen und technologischen Tools hierfür liegen auf der Hand: Testen und Impfen als konkrete Maßnahmen, um dieser Pandemie die Stirn zu bieten und sie einzudämmen, und im Hintergrund die Digitalisierung als Hochleistungsinfrastruktur.

Wie diese Incentives konkret aussehen können, zeigt derzeit Israel: Der (digitale) „Green Pass“ soll künftig auch bei uns ein wesentlicher Gamechanger werden. So können etwa Geimpfte wieder ins Theater, Fitnessstudio oder Gasthaus gehen. Und auch eine Reisefreiheit ohne Quarantänepflicht ist nach Vorlage eines entsprechenden Passes geplant. Vor allem Letzteres zeigt das enorme Potential, wie mit Incentives der Wirtschaftsstandort Österreich fundamental gestärkt werden kann und auch muss. Denn die Möglichkeit zu unbeschränktem Reisen betrifft nicht nur den Leisure-Bereich. Auch für die Industrie ist es von essenzieller Bedeutung, dass internationale Schlüsselkräfte schnellstmöglich wieder verfügbar sind. Für einen Ausweg sind dabei vor allem internationale Abstimmungen notwendig. Nur so kann eine ganzheitliche Lösung gefunden und gleichzeitig ein starker Konjunkturmotor gezündet werden.

Die Argumente für ein fundamentales Umdenken sind also mehr als nur evident: Die Freiheit jedes Einzelnen wird in den kommenden Monaten neben dem Testen und Impfen auch von einer neuen Strategie der positiven Anreize abhängig sein, bei der die Bevölkerung Teil der Lösung wird. Denn umfangreiches Testen sowie eine flächendeckende Durchimpfung bringen nicht nur greifbare Vorteile für das Individuum in Form von weniger Einschränkung und mehr Freiheit mit sich – auch das Kollektiv und damit der Wirtschaftsstandort Österreich profitieren davon maßgeblich durch ein vermindertes Infektionsrisiko. Doch genau hierfür bedarf es einer Perspektive, damit jeder Einzelne wieder erkennt, wozu er selbst aus eigener Kraft und „Motivation“ im Stande ist – vielleicht auch ganz einfach deshalb, weil die richtigen Anreize geschaffen wurden.

Ihr Christian C. Pochtler


Teilen Sie uns Ihre Meinung mit – via E-Mail an debatte@iv.at.