Global Spotlight – „Wachstumsmärkte im Fokus“

Wo auf der Welt findet noch Wachstum statt? Welche Chancen und Herausforderungen ergeben sich durch globalen Handel für heimische Unternehmen? 

Diese Fragen wurden im Rahmen der dritten Ausgabe der Veranstaltungsreihe „Global Spotlight – Wachstumsmärkte im Fokus“ (eine Kooperation der IV-Wien und des IVBereichs Internationales & Märkte) intensiv diskutiert. „Wir sind eine offene, exportorientierte Nation und erwirtschaften jeden zweiten Euro im internationalen Handel“, eröffnete IV-Wien-Vizepräsidentin Ursula Simacek die gut besuchte Veranstaltung Mitte Februar. Es sei daher klar, dass derzeit die größten wirtschaftlichen Chancen außerhalb unserer nationalen und europäischen Grenzen liegen würden. „Aktuell verliert Österreich als Industriestandort aber massiv an Wettbewerbsfähigkeit. Zwei Drittel des globalen Wachstums werden jetzt schon im asiatisch-pazifischen Raum generiert – Tendenz steigend“, betonte Simacek. Der Export und damit der Freihandel seien somit essenziell, um an diesem Wachstum teilhaben zu können. Für Europa bedeute dies – entgegen dem momentanen politischen Trend –, Handelsabkommen wie MERCOSUR endlich abzuschließen.

IV-Chefökonom Christian Helmenstein bestätigte diesen Trend in seiner anschließenden Analyse. „Wir erleben derzeit keine globale Wachstumskrise – das Wachstum findet nur zum größten Teil in Ländern außerhalb Europas statt“, so Helmenstein. Es sei daher essenziell, sich auf die Stärken des Standorts zu fokussieren. Für Österreich seien das etwa die hervorragende Position bei Life Sciences oder auch die Technologieführerschaften im Schienenund Automotive-Bereich; aber auch die Chancen durch unsere guten Handelsbeziehungen mit Osteuropa müssten weiter genutzt werden.

Im Anschluss an die Ausführungen des IV-Chefökonomen eröffnete Moderator Christian Ultsch („Die Presse“) die hochkarätige Podiumsdiskussion mit Gerd Müller (UNIDO-Generaldirektor), Reinhold Lopatka (Nationalratsabgeordneter und außenpolitischer Sprecher der ÖVP), Christina Glocknitzer (Mitglied der Geschäftsführung der Seal Maker GmbH) sowie Andreas Ludwig (Aufsichtsratsmitglied der Umdasch Group AG).

Müller: Europa darf nicht nur zusehen 

„Wir retten das Klima nicht, indem wir das Wachstum abdrehen“, eröffnete der UNIDO-Generaldirektor sein Statement. Eine funktionierende Wirtschaft und die damit einhergehende Innovationsfreude seien vielmehr Grundvoraussetzung für die Einhaltung der Klimaziele. Zudem muss man laut Müller in Europa offener über eine neue außenpolitische Strategie  – vor allem hinsichtlich seltener Erden – diskutieren: „Die Green Transition ist nur mit ‚grünen Mineralien‘ möglich. In Afrika besitzt China einen Großteil der Mineralien, Europa hat bei diesem Thema bis jetzt nur zugesehen. Hier muss die Union endlich aktiver werden.“

Lopatka: Marktwirtschaft als Wohlstandsfundament

„Europa hat im letzten Jahrzehnt die Bedeutung der Wettbewerbsfähigkeit aus den Augen verloren“, führte Lopatka fort. In Folge stehe unser Wirtschaftsstandort mittlerweile vor großen Herausforderungen. „Wir müssen uns endlich wieder auf den europäischen Ursprung besinnen: Gemeinsam Wohlstand erwirtschaften.“ Neben dem notwendigen Bürokratieabbau seien daher der Abschluss von internationalen Handelsabkommen wie jenem mit MERCOSUR sowie der SchengenBeitritt von Rumänien die nächsten wichtigen Schritte für die Union.

Handelsabkommen entscheidend für KMU

„Für uns KMU gibt es Hindernisse, die außerhalb unseres Einflussbereichs liegen – wie beispielsweise unzählige Zollbestimmungen. Deshalb brauchen wir verlässliche Spielregeln in Form von internationalen Handelsabkommen, um global erfolgreich wirtschaften zu können“, betonte auch Glocknitzer. Ohne diese Abkommen seien die meisten Wachstumsmärkte für KMU unzugänglich. Die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft seien in Europa auch ohne weitere Hemmnisse herausfordernd genug, man müsse den Fokus unbedingt auf Erleichterungen und Vereinfachungen legen, stehe man doch vor einer drohenden Deindustrialisierung.

Investitionen für Österreich

„Die heimische Industrie investiert de facto nur mehr in den Bestand. Große Summen werden in anderen Ländern wie etwa in China und den USA ausgegeben“, warnte Ludwig im Rahmen der Diskussion. Hierzulande mangle es oft auch an der erforderlichen Infrastruktur für Unternehmen; bei der Internetgeschwindigkeit beispielsweise sei man nicht einmal in den Top 50 weltweit vertreten. „Auch der aktuelle Entwurf zum Lieferkettengesetz ist standortschädlich. Pflichten des Staats auf Unternehmen umzuwälzen kann nicht die Lösung sein“, erläuterte Ludwig abschließend. „Diese Politik führt sicherlich nicht zu mehr Investitionen am Standort, sondern eher zum Gegenteil.“ 

Mag. Valentin Falb
Themen- und Projektmanager, Geschäftsführer Junge Industrie Bund & Wien, Industriellenvereinigung Wien
Mag. Martin Amor
Mediensprecher und Experte, Industriellenvereinigung Wien